von Maëla Barçon, Bettina Schneider, Rikarda Plenz und Anna Reinhardt
Europa hat in den letzten Jahren einen der stärksten Zuwächse in seiner Geschichte hinsichtlich der Zahl der Migranten erlebt. Leider führt dies zu großen Spaltungen in der Gesellschaft. Das Projekt Fusée de détresse (dt.: Signalrakete) will soziale Ausgrenzung bekämpfen.
Besonders seit dem Jahr 2015 ist die Zahl der Einwanderer in Europa gestiegen. Die Mitgliedstaaten sehen sich seitdem dazu verpflichtet, eine Entscheidung über die Aufnahme von Migranten und Migrantinnen zu treffen. Vor allem Deutschland nahm bislang einen Großteil auf. Obwohl Migration zu einer multikulturellen Gesellschaft beiträgt, gibt es Skeptiker. Angst vor dem „Fremden“ und Unsicherheiten hinsichtlich der Einflussnahme auf das wirtschaftliche Wachstum gefährden die Einigkeit und den Frieden innerhalb Europas. Daher ist es von besonderer Wichtigkeit, die europäische Gesellschaft für die Hintergründe der Migrationsflüsse zu sensibilisieren und ein Verständnis für „den anderen“ zu schaffen. Dies machte sich L’âge de la tortue, ein französischer gemeinnütziger Verein, mit dem Projekt Fusée de détresse zur Aufgabe, um sozialer Ausgrenzung von Migranten entgegenzuwirken.
Seit 2001 setzt dieser Verein gemeinsam mit anderen Organisationen künstlerische Projekte um. Das Ziel dieser Projekte ist es, verschiedene Gebiete und Menschen miteinander zu verbinden, um das gemeinsame Weltbild zu überdenken und sich darüber auszutauschen. Die Arbeit des Vereins, dessen Fokus insbesondere auf der Integration von Migranten liegt, wurde mit dem Projekt “L’Encyclopédie des migrants” (dt. Migrantenenzyklopädie) von der Europäischen Kommission gefördert. Die Projektteilnehmer verfassten einen Brief – meist in ihrer Muttersprache -, adressiert an eine Person aus dem jeweiligen Heimatland. In den Briefen sollten folgende Fragen beantwortet werden: Welchen Effekt hat die räumliche Trennung auf den Einzelnen? Inwiefern beeinflusst das Verlassen des Heimatlandes das eigene Verhalten?
Das Ergebnis war beeindruckend – eine Enzyklopädie mit 400 sehr persönlichen Erfahrungsberichten von Migranten war entstanden, welche später in vier Sprachen (Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Englisch) übersetzt wurden. Eine analoge Version wird derzeit im Pariser Museum für Menschen ausgestellt.
Seit September diesen Jahres befindet sich das Projekt Fusée de détresse nun in der Umsetzung, welches eine Weiterführung des Projektes Encyclopédie des migrants darstellt. Fusée de détresse entstand aus dem Wunsch heraus, einen Dialog zu politischen und sozialen Erfahrungen von Migranten in Europa zwischen all den Gruppen zu eröffnen, aus denen unsere Gesellschaft besteht. Durch die Nutzung von künstlerischen Mitteln im öffentlichen Kontext soll den Bürgern eine Stimme verliehen werden. So wird ein klares Signal in Bezug auf den sukzessiven Verlust menschlicher Werte wie Gastfreundlichkeit, Dankbarkeit oder Wertschätzung gesendet.
Der kreative Schaffensprozess besteht darin, über die Dauer des Projektes Künstler mit Einzelpersonen aus verschiedenen Tätigkeitsgebieten auf europäischer Ebene zusammenbringen. Künstler, Bürger, Forscher aus den Geistes- und Sozialwissenschaften und Studenten aus unterschiedlichen Partnerstädten aus Frankreich, Belgien, Portugal, der Türkei, Spanien und Italien werden während der kollektiven Arbeitsperiode zu dem Projekt beitragen. Die Tätigkeiten umfassen Gruppendiskussionen, Aufführungen, Workshops zur Methodologie des Projektes sowie zu musikalischen und theatralischen Techniken.
Mit dem Projekt Fusée de détresse will der französische gemeinnützige Verein L’âge de la tortue einen Beitrag zur Minderung sozialer Ausgrenzung von Migranten leisten. Drei Jahre lang wird länderübergreifend an diesem Ziel gearbeitet. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Wie nimmst du soziale Ausgrenzung von Migranten im Alltag war?